2022-01-24 - Wer räumt die Landschaft auf?

von Monika Raschke


In der letzten Zeit haben mehrere Krisen oder Katastrophen Hagen und seine Umgebung getroffen.

  1. 2018 bis 2020 traten drei Trocken- und Hitzejahre in Folge auf.
  2. Der Wald – hier vorwiegend die Fichtenmonokulturen – hatte aufgrund der Trockenheit dem Schädlingsbefall nichts mehr entgegenzusetzen, starb ab und wurde abgeholzt.
  3. Im Juli 2021 regnete es ungewöhnlich stark und in viele Bereichen Hagens waren massive Überflutungen mit enormen Schäden zu beklagen.

Alle Vorkommnisse könnten auch ohne Klimawandel auftreten. Allerdings erhöht der Klimawandel die Auftretenswahrscheinlichkeit von längeren Trockenphasen und extremen Hochwasserereignissen, z.B. werden Niederschläge mit der in Hagen erlebten Intensität bei der derzeitigen Erwärmung von rd. 1,5 Grad nach Aussage der Wissenschaft bis zu 19mal häufiger auftreten.

 

Vorsorge ist fast immer effizienter als Reparatur. Daher müssen wir uns in Hagen dringend damit beschäftigen, wie wir uns auf den nächsten extremen Regen vorbereiten. Dazu muss sich nicht nur in der Stadt und in den betroffenen Stadtgebieten etwas bewegen, sondern es müssen auch die durch die Waldabholzungen und den Starkregen aufgetretenen Schäden in der Landschaft beseitigt werden.

 

Hochwasser kommt nicht allein vom Regen. Die fallenden Tropfen benetzen, versickern, bilden Pfützen … Erst wenn es zu viel Regen wird, fängt das Wasser an sich an Tiefstellen zu sammeln und bergab zu fließen. Je schneller sich der Abfluss im Gelände konzentrieren kann - z. B. in den festgefahrenen Harvesterspuren - und je weniger Hindernisse sich dem Wasser entgegenstellen, desto schneller fließt es dem nächsten Gewässer zu. Und je schneller Wasser fließt, desto zerstörerischer ist seine Kraft.

Spurrinnen der Harvester laufen direkt auf die im Tal liegende Bebauung zu:

Bild: Monika Raschke

Das „Kleinholz“, das es noch nicht bis ins Tal geschafft und dort Brücken und Durchlässe verstopft hat, liegt noch für den nächsten Regen im Gelände:

Bild: Monika Raschke

Südhang an der Nahmer:

Bild: Monika Raschke

Bäche sind ausgespült oder haben sich in Canyons verwandelt:

Bild: Monika Raschke

Fährtbach unterhalb von Kahlschlagflächen, in denen die Bäume in vertikal verlaufende Rückegassen geerntet und abtransportiert wurden. Über Artenvielfalt im Gewässer braucht man sich hier vorerst keine Gedanken mehr zu machen:

Bild: Andreas Welzel

In ausgespülten Wanderwegen könnte man einen Menschen verstecken. Der daneben in der zu erahnenden Geländevertiefung verlaufende Bach ist an der oberhalb gelegenen Wegkrümmung durch Waldarbeiten und liegengebliebenes Altholz blockiert:

Bild: Monika Raschke

Im intakten Wald sind solche Schäden allenfalls in geringen Ausmaßen zu beobachten, obwohl dort derselbe Regen gefallen ist.

 

Die großflächigen Kahlschläge hatten also einen erheblichen Anteil daran, dass

 

  • das Wasser schneller abfloss,
  • Wasser direkt über die festgefahrenen Spuren ins Tal lief,
  • enorm viel Geröll in Siedlungsbereiche gespült wurde,
  • viel Treibgut wie Äste und sogar Baumstämme mitgerissen wurden,
  • durch die Verstopfung (im Fachjargon: Verklausung) von Brücken und Verrohrungen und den damit verbundenen Aufstau höhere Schäden entstanden.

Damit beim nächsten Regen nicht wieder alles unter Wasser steht, muss einiges passieren. Vor allem geht es darum zu verhindern, dass der Niederschlag bis zum Heranwachsen neuer Bäume ungebremst ins Tal stürzt. Das könnte mit Querriegeln und wo örtlich möglich auch mit quer zum Hang laufenden kleinen Gräben erreicht werden. Mit „Hüppelkes“ quer über die Wege, erklärte uns ein Waldbauer, habe er früher verhindert, dass Waldwege stark ausgespült würden.

 

Im jetzigen Zustand bleibt die latente Gefahr neuer Sturzfluten von den Hängen noch lange erhalten. Es ist in Hagen deutlich spürbar, dass auch nach kleinen Regen die Bäche und selbst die Volme ungewöhnlich schnell ansteigen. Das ist den neu entstandenen Wasserwegigkeiten und den veränderten Bach- und Flussquerschnitten geschuldet. Außerdem entwässern die neuen tiefen Fahrrinnen, die eingetieften Bäche und die zerstörten Wege die ehemaligen Waldgebiete rasch und anhaltend. Das birgt neben der Überschwemmungsgefahr auch Risiken für alle frisch gepflanzten Bäume. Die sind auf ausreichend Wasser im Boden angewiesen, um zu gedeihen. Und wenn niemand die Landschaft wieder aufräumt und die nächste Trockenperiode kommt? „Dann ist alles zu spät“, meinte der Waldbauer resigniert.